Mittwoch, 9. April 2008

der schuster und das schicksal des stiefels

der schuster meines vertrauens ist ein kleiner gedrungener kerl, mit einem alten faltigen gesicht und wunderbar lustigen augen. seine werkstatt ist für mich nicht die nächstliegendste, aber mir die liebste. zwei treppenstufen muss man gehen, um die kleine holztür zu seiner werkstatt zu öffnen. an der tür hängt eine kleine glocke, die jedes mal hell klingelt, wenn kundschaft kommt und den kleinen sympathischen mann aus seiner werkstatt zum tresen ruft.
und jedes mal, wenn man dort steht, überkommt einen das gefühl eine reise in die vergangenheit gemacht zu haben. -2008? nein, ich würde eher sagen 1975- es scheint, als hätte sich dort seitdem nichts geändert.
da ich erstens chronisch unter geldmangel leide und zweitens -dies vor allem- schuhe kaufen hasse, hatte der schuster schon öfter das vergnügen mit mir. wie oft stand ich schon vor ihm mit einem anliegen, bei dem er den kopf schüttelte und sagte: "det lohnt sich nich, da kofen se sich mal lieber neue, denn wenn ick ihnen det machen soll, kostet det 20 euro und ick kann ihnen nich versprechen wie lange det hält."
und immer wieder entgegnete ich: -ach, für das geld bekomme ich aber keine neuen, außerdem mag ich schuhe kaufen nicht. bitte, können sie mir die alten trotzdem reparieren?
und jedes mal war ich ein paar tage später stolze und glückliche besitzerin neuer alter schuhe.

ich spazierte mal wieder frohgemutes zu meinem schuster, endlich mein einziges paar stiefel reparieren zu lassen. in der nächsten woche steht eine familienfeier bevor und bis dahin sollten sie wieder in ordnung gebracht sein.
ich trat also, von dem klingeln der kleinen glock begleitet, vor seinen kundentresen, brachte mein anliegen hervor und ahnte schon, was kommen würde. -nur hatte der betroffene stiefel kein sohlenproblem, sondern der reissverschluss machte schwierigkeiten.
und dieses mal reagierte der schuster glatt anders. er sagte nicht nur, dass sich das nicht lohnen würde, sondern er zeigte sich zudem ohne hoffnung für meinen stiefel: "nee, tut mir leid, aber ick kann det nich, außerdem lohnt sich det nich. det macht ihnen eh kener, det macht kener mehr. und wenn se doch jemanden finden, denn müssen se mit einem euro pro centimeter rechnen und der reissverschluss kommt noch drauf, det können se verjessen."
ich rechnete mal wieder und kam wie immer zu dem schluss, dass sich das doch lohnen würde, denn auch für 30 euro würde ich keine neuen stiefel bekommen, außerdem wollte ich ja keine neuen, sondern diese repariert haben.
ich guckte den schuster hoffnungvoll an und fragte, ob er mir jemanden nennen könnte, der das noch macht. er schüttelte den kopf.
traurig brachte ich meinen stiefel wieder nach hause und stellte ihn in die ecke. dort steht er nun und wartet auf sein schicksal...

und die moral von der geschicht?
ich hingegen, verblieb mal wieder mit verwunderung über unsere wegwerfgesellschaft und das damit einhergehende aussterben bestimmter handwerklicher tätigkeiten und berufe.

(da mir irgendwann mal zu ohren kam, dass eventuell sattler solche reparaturen vornehmen, ist die zukunft des stiefels noch offen. -weitere tipps nehme ich gerne entgegen)

2 Kommentare:

  1. Ich bin ja auch so,meine Schuhe lass ich so lange reparieren, bis es nicht mehr geht.
    Nachdem alle Schumacher,die ich hatte, in Rente gegangen sind, habe ich einen Orthpädieschumachte aufgetan, der normalerweise Schuhe macht für Menschen, die keine passenden Schuhe kaufen können.Und der kann alles, und macht alles!
    Aber er entschuldigt sich auch immer dafür,dass das was kostet.

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  2. süß, dass der sich immer noch entschuldigt. -danke für den tipp, das ist eine gute idee! vielleicht werde ich vorher selbst versuchen, das problem in den griff zu kriegen. mal sehen.

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